Pfas wasser in der schweiz: was unternehmen und konsumenten jetzt wissen müssen

Pfas wasser in der schweiz: was unternehmen und konsumenten jetzt wissen müssen

PFAS im Schweizer Trinkwasser: Warum wir jetzt handeln müssen

PFAS – auch als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt – sind in den letzten Monaten vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Und das aus gutem Grund: Diese langlebigen Industriechemikalien, die seit den 1950er-Jahren in zahlreichen Alltagsprodukten verwendet werden, wurden mittlerweile auch im Trinkwasser verschiedener Schweizer Regionen nachgewiesen. Für Unternehmen und Konsumenten stellt sich jetzt eine zentrale Frage: Was bedeutet das konkret – und wie reagieren wir sinnvoll?

Was sind PFAS – und warum sind sie ein Problem?

PFAS steht für „per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen“, eine Gruppe von über 4’700 chemischen Verbindungen. Sie finden sich in Produkten wie:

  • Antihaftbeschichtungen von Pfannen
  • Outdoor-Kleidung und wasserabweisendem Textil
  • Löschschaum bei der Feuerwehr
  • Lebensmittelverpackungen
  • Industriefetten und Hydraulikflüssigkeiten

Der springende Punkt: PFAS bauen sich in der Umwelt kaum ab und reichern sich in Böden, Gewässern – und letztlich auch in unseren Körpern – an. Studien bringen PFAS mit einer Vielzahl von Gesundheitsrisiken in Verbindung, darunter Störungen des Immunsystems, hormonelle Veränderungen, erhöhte Cholesterinwerte oder sogar bestimmte Krebsarten.

Aktuelle Lage in der Schweiz: Fakten statt Panikmache

Ein Bericht des Bundesamts für Umwelt (BAFU) aus dem Jahr 2023 hält fest: In mehreren Schweizer Regionen – insbesondere in der Nähe von Flughäfen, Industrieanlagen und ehemaligen Deponien – wurden erhöhte PFAS-Werte im Grundwasser gemessen. Auch in einigen Trinkwasserproben wurden Konzentrationen gefunden, die über den EU-Richtwerten liegen (die Schweiz hat bislang keine verbindliche nationale Norm für PFAS).

Besorgniserregend? Ja, zweifellos. Grund zur Panik? Nein – aber zum Handeln allemal. Denn wie bei vielen Umwelt- und Gesundheitsthemen gilt: Die Wirkung ist oft kumulativ, schleichend – und umso problematischer, je länger man wartet.

Warum betrifft das auch Unternehmen?

Auf den ersten Blick scheint das Thema vor allem Konsumenten und Umweltämter zu betreffen. Doch für Unternehmen, insbesondere mit Sitz oder Betriebsstätten in Kantonen mit PFAS-Risiko, ergeben sich mehrere konkrete Handlungsfelder:

  • Reputationsrisiken: Wer heute noch Prozesse betreibt oder Produkte vertreibt, die PFAS enthalten, muss mit kritischem Blick der Öffentlichkeit rechnen – ein Reputationsschaden kann teuer werden.
  • Haftungsfragen: Bei Umweltbelastungen durch betriebliche Aktivitäten drohen im Ernstfall auch finanzielle und rechtliche Folgen (Stichwort Umwelthaftpflichtgesetz).
  • Lieferkettenprüfung: Immer mehr Auftraggeber – insbesondere aus der EU – verlangen heute PFAS-freie Lieferungen. Wer seine Materialien oder Produktionszukäufe nicht überprüft, riskiert Vertragsverluste.

Ebenso wichtig: Auch interne Effekte dürfen nicht unterschätzt werden. Ein Beispiel aus einem KMU im Kanton Aargau, das rückblickend erstaunt: Nach einem Bericht über verunreinigtes Wasser im lokalen Gewerbegebiet wandten sich gleich mehrere Mitarbeitende mit Fragen zur Trinkwassersicherheit im Büro an HR – und ein Mitarbeitender brachte sogar sein eigenes Trinkwasser mit zur Arbeit. Kommunikation war hier mehr als Gold wert, um Verunsicherung abzubauen.

Was können Unternehmen jetzt tun?

Der Weg in eine PFAS-sensible Unternehmenspraxis mag zunächst komplex erscheinen, doch mit einem pragmatischen und systematischen Ansatz lassen sich klare Prioritäten bestimmen. Einige konkrete Schritte für HR-Verantwortliche und Führungskräfte:

  • Analyse starten: Überprüfen Sie intern, ob und wo PFAS-haltige Materialien in der Produktion, Infrastruktur oder bei Zulieferern zum Einsatz kommen. Die Industrie- und Handelskammern sowie Umweltlabore bieten Unterstützung bei der Analyse.
  • Transparenz schaffen: Informieren Sie offen – gegenüber Ihren Mitarbeitenden ebenso wie gegenüber Kunden – welche Massnahmen bereits ergriffen wurden oder geplant sind. Verunsicherung entsteht oft durch Informationslücken.
  • Beschaffung überdenken: Binden Sie Umweltkriterien, z.B. PFAS-Freiheit, in Ihre Einkaufsrichtlinien ein. Viele Alternativen sind heute bereits verfügbar und preislich konkurrenzfähig.
  • Gesundheitsschutz priorisieren: Stellen Sie sicher, dass das betrieblich genutzte Wasser regelmässig geprüft wird – gerade in Gebieten mit Verdacht. Die Resultate sollten transparent kommuniziert werden: Sicherheit ist auch ein Employer Branding-Faktor.

Was heisst das für Konsumenten?

Jede Person kann einen Beitrag leisten, den eigenen PFAS-Fussabdruck zu reduzieren. Hier ein paar alltagstaugliche Empfehlungen, die sich leicht umsetzen lassen:

  • Vermeiden Sie beschichtete Einwegverpackungen, z. B. in Fast-Food-Produkten
  • Nutzen Sie Küchenutensilien ohne PTFE-beschichtete Oberflächen (Teflon)
  • Prüfen Sie bei Outdoor-Kleidung auf PFAS-freie Imprägnierung – es gibt mittlerweile viele Angebote
  • Trinken Sie, wo möglich, gefiltertes Leitungswasser – insbesondere in Gebieten mit bekannten Belastungen

Eine aktuelle Studie der Stiftung Konsumentenschutz zeigt: In Regionen mit Verdachtsfällen investieren immer mehr Haushalte in Trinkwasserfilter. Auch wenn die gesetzlichen Grenzwerte nicht überschritten werden, kann das psychologisch beruhigend wirken – und das gilt insbesondere auch für Familien mit kleinen Kindern.

Wo stehen wir regulatorisch – und was kommt auf uns zu?

Im Moment sind die gesetzlichen Regelungen in der Schweiz noch im Aufbau. Der Bundesrat befasst sich aktiv mit einer nationalen Strategie zum Umgang mit PFAS. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren strengere Grenzwerte sowie Meldepflichten für Unternehmen eingeführt werden – entlang der EU-Vorgaben. Und diese lassen keinen Zweifel: Die REACH-Verordnung zielt mittelfristig auf ein vollständiges PFAS-Verbot in nicht-essentiellen Anwendungen ab.

Für Unternehmen bedeutet das: Frühzeitige Compliance-Prüfungen und Umstellungen sind nicht nur ökologisch verantwortungsvoll, sondern auch ökonomisch vorausschauend. Denn wer heute umdenkt, muss morgen nicht eilig nachrüsten.

Was bedeutet das für HR-Verantwortliche konkret?

Auch wenn PFAS auf den ersten Blick kein klassisches HR-Thema ist, gibt es – wie oft bei Querschnittsthemen – wichtige Berührungspunkte:

  • Gesundheitsschutz: Die Verantwortung für die betriebliche Prävention endet nicht bei ergonomischen Stühlen oder Pandemiemassnahmen – sauberes Wasser gehört ebenfalls dazu.
  • Kommunikation: Mitarbeitende wollen informiert werden, wenn Umweltrisiken auftauchen. HR kann hier als Sprachrohr zwischen Geschäftsleitung und Belegschaft dienen.
  • Employer Branding: Nachhaltigkeit ist für viele Mitarbeitende heute ein Entscheidungsfaktor bei der Arbeitgeberwahl. Wer proaktiv Umwelt- und Gesundheitsrisiken adressiert, hebt sich positiv ab.
  • Weiterbildung: Schulungen zu Nachhaltigkeit, Umweltrecht oder Chemikalienverordnung könnten künftig auch ins interne Schulungsangebot aufgenommen werden – insbesondere für Facility Management, Einkauf oder Produktion.

Fazit: PFAS als Chance für mehr Verantwortung

Ja, PFAS sind kompliziert. Sie sind unsichtbar, langlebig – und in vielem, was wir (noch) für selbstverständlich halten. Doch sie sind auch ein Weckruf: für Firmen, Konsumenten und ganze Branchen. Sie zwingen uns, Prozesse, Materialien und Gewohnheiten zu hinterfragen – und gegebenenfalls neu zu denken.

Positive Beispiele gibt es bereits: Ein Zürcher Tech-Startup hat erfolgreich auf PFAS-freie Materialien für seine Hardwarekomponenten umgestellt, ein Hotelleriebetrieb in Graubünden bewirbt sein PFAS-freies Wasser aktiv als Verkaufsargument für gesundheitsbewusste Gäste. Und eine Gemeinde im Kanton Waadt pilotiert gerade ein öffentlich zugängliches Monitoring-Tool, das die Wasserqualität für alle Bürger transparent macht.

Der Wandel ist also machbar – wenn man ihn partnerschaftlich angeht. Für HR bedeutet das: mitdenken, vernetzen, kommunizieren. Denn wer Verantwortung ernst meint, wartet nicht auf das Regulierungsschreiben.