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Hybrides arbeiten: chancen und risiken für hr-abteilungen in einer digitalisierten arbeitswelt

Hybrides arbeiten: chancen und risiken für hr-abteilungen in einer digitalisierten arbeitswelt

Hybrides arbeiten: chancen und risiken für hr-abteilungen in einer digitalisierten arbeitswelt

Hybrides Arbeiten: Realität statt Trend

Was vor wenigen Jahren noch als Innovationsschub aus dem Silicon Valley betrachtet wurde, ist heute gelebter Alltag in vielen Schweizer Unternehmen: das hybride Arbeiten. Die Mischung aus Homeoffice und Präsenz im Büro bringt neue Herausforderungen – und ebenso viele Chancen. Für HR-Abteilungen bedeutet dies: wer heute nicht strategisch handelt, läuft Gefahr, morgen den Anschluss an die Erwartungen der Talente sowie an die betriebliche Realität zu verlieren.

Doch wie navigiert man als HR-Professional durch diese neue Arbeitswelt, ohne vom digitalen Hype überrollt zu werden? Werfen wir einen strukturierten Blick auf die Potenziale und Risiken hybrider Arbeitsmodelle – und was das konkret für die Personalpraxis bedeutet.

Warum hybrides Arbeiten gekommen ist, um zu bleiben

Laut einer Umfrage von Deloitte Schweiz bevorzugen heute über 60 % der Angestellten ein hybrides Arbeitsmodell. Gleichzeitig geben 70 % der Befragten an, dass hybride Arbeitsweisen ihre Produktivität verbessern. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Arbeitswelt hat sich verändert, und wer Talente halten oder rekrutieren möchte, muss diesen Wandel aktiv gestalten – nicht nur begleiten.

Allein aus Sicht des Employer Brandings ist hybrides Arbeiten ein Wettbewerbsfaktor geworden. Unternehmen, die flexible Lösungen anbieten, sind klar im Vorteil. Aber: Flexibilität ohne Struktur führt selten zu nachhaltigem Erfolg.

Chancen für HR-Abteilungen: strategisch, kulturell und operativ

Richtig umgesetzt, kann hybrides Arbeiten HR-Abteilungen helfen, auf drei Ebenen echten Mehrwert zu schaffen.

1. Strategischer Hebel: Neue Spielräume in der Talentgewinnung

Der Fachkräftemangel ist kein statistisches Hirngespinst, sondern tägliche Realität. Hybride Arbeitsmodelle eröffnen Gelegenheiten, Talente ausserhalb der urbanen Zentren zu erreichen – ja, sogar international zu rekrutieren. Wer nicht mehr an einen fixen Arbeitsort gebunden ist, erweitert automatisch den Radius seiner Talentakquise.

Beispiel aus der Praxis: Ein Berner IT-Unternehmen konnte eine wichtige Entwicklerrolle mit einer Kandidatin aus dem Tessin besetzen – ein Szenario, das ohne Remote-Arbeitsoption chancenlos gewesen wäre.

2. Kultureller Wandel: Vertrauen und Eigenverantwortung fördern

Hybride Modelle zwingen Unternehmen, sich mit ihrer Führungskultur auseinanderzusetzen. Mikromanagement aus der Distanz? Ein No-Go. Stattdessen gewinnt Vertrauen als Führungsprinzip an Bedeutung. HR kann hier als Treiber einer Kultur des Vertrauens und der Eigenverantwortung agieren.

Wichtig: Führungskräfte benötigen gezielte Schulungen im Umgang mit verteilter Zusammenarbeit. HR sollte also Trainingsformate und kontinuierliches Coaching anbieten – nicht als Einmalmassnahme, sondern als festen Bestandteil der Führungsentwicklung.

3. Operative Flexibilität: Prozesse digital neu denken

Arbeitszeit- und Leistungserfassung, Onboarding, interne Kommunikation – all das muss im hybriden Modell neu gedacht und digital unterstützt werden. Tools wie Slack, MS Teams oder HRIS-Systeme wie SAP SuccessFactors spielen hier eine zentrale Rolle. Entscheidend ist nicht die Tool-Auswahl allein, sondern deren effektive Nutzung und Integration in bestehende Arbeitsbewegungen.

HR kann sich hier als digitale Drehscheibe positionieren und Prozesse aktiv neugestalten. Beispiel: Ein Versicherer in Zürich etablierte ein vollständig digitales Onboarding mit virtuellen Willkommens-Sessions, Online-Guides und automatisierten Erinnerungen für Führungskräfte – mit messbar höherer Zufriedenheit neuer Mitarbeitender.

Risiken, die nicht ignoriert werden dürfen

So verheissungsvoll hybride Modelle auch sind – ohne klar definierte Rahmenbedingungen und kulturelle Leitplanken droht die viel zitierte “Kakophonie der Flexibilität”.

1. Gefahr der sozialen Isolation und Entfremdung

Gerade bei neuen Mitarbeitenden besteht das Risiko, dass sie sich im Homeoffice nicht als Teil des Teams fühlen. Die spontane Kaffeepause, das Schulterklopfen nach einem gelungenen Kundentermin: all diese “weichen” Faktoren der Unternehmenskultur sind im hybriden Setting anfälliger für Erosion.

Lösungsansatz: HR sollte gemeinsame Präsenztage fördern, Team-Retreats organisieren und strukturiert virtuelle Begegnungsräume schaffen (z.B. Coffee-Chats oder Cross-Team-Projekte).

2. Unausgewogene Arbeitsbelastung und „Always-on“-Kultur

Einer der grössten Mythen: Homeoffice bedeutet weniger Arbeit. Tatsächlich berichten viele Mitarbeitende von einem schwereren Abgrenzen zwischen Job und Freizeit. Die Grenzen verschwimmen, Burnout-Risiken steigen.

HR sollte klare Guidelines zur Verfügbarkeit kommunizieren, Führungskräfte im Umgang mit digitaler Erreichbarkeit sensibilisieren und notfalls intervenieren. Tools wie E-Mail-Abwesenheitsregeln, Fokuszeiten oder anonyme Feedback-Formate können hier unterstützend wirken.

3. Kontrollverlust und Rechtsunsicherheiten

Nicht zuletzt bringt hybrides Arbeiten auch juristische Fragen mit sich: Wer haftet bei einem Arbeitsunfall im Homeoffice? Wie ist die Arbeitszeiterfassung geregelt? Welche Datenschutzpflichten gelten, wenn Mitarbeitende mit Kundendaten im Wohnzimmer arbeiten?

Hier braucht es nicht nur klare Regelungen, sondern auch regelmässige Schulungen und interne Audits. Zusammenarbeit mit der Rechts- oder Compliance-Abteilung wird essenziell. Was simpel wirkt, kann rechtlich schnell komplex werden.

Best Practices aus der Schweizer Unternehmenswelt

Unternehmen in der Schweiz gehen unterschiedliche Wege – doch einige Muster zeichnen sich klar ab:

Allen gemein: Sie behandeln hybrides Arbeiten nicht als “Tech-Thema”, sondern als kulturellen Umbauprozess mit HR in der Schlüsselrolle.

Was HR jetzt konkret tun kann

Warten ist keine Option. Mit einem pragmatischen und lösungsorientierten Vorgehen kann HR hybrides Arbeiten aktiv gestalten:

Fazit mit Blick in die nahe Zukunft

Hybrides Arbeiten ist keine Übergangsphase, sondern der neue Standard. HR-Abteilungen, die diesen Wandel als Chance verstehen, können echten Mehrwert bieten – für Mitarbeitende, Führungskräfte und das Business. Entscheidend ist, dabei nicht in einem Technologiefetisch zu versinken, sondern pragmatisch das Zusammenspiel von Mensch, Prozess und Technik zu orchestrieren.

Oder anders gefragt: Warum sollten Top-Talente morgen noch bei Ihnen arbeiten wollen – wenn sie heute schon sehen, dass Ihr hybrides Modell von gestern ist?

In diesem Sinne: Nicht jeder muss alles neu erfinden – aber jeder muss etwas bewegen.

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