Giftschlangen in der Schweiz: Realität oder Mythos?
Die Schweiz ist bekannt für ihre idyllische Landschaft, schneebedeckten Alpen und sauberen Seen. Aber Giftschlangen? Die meisten Menschen denken bei diesem Thema eher an Australien oder tropische Länder. Und doch gibt es sie – auch bei uns. Wer als HR-Verantwortlicher zum Beispiel Mitarbeitende in naturverbundenen Berufen wie Forstwirtschaft, Landwirtschaft oder Outdoor-Tourismus betreut, sollte dieses Thema keinesfalls ignorieren.
Selbst für Büroangestellte kann das Wissen rund um heimische Giftschlangen relevant sein – etwa im Kontext von Firmenanlässen in der Natur oder Wanderungen im Sommer. Dieser Artikel liefert einen klaren Überblick über Giftschlangen in der Schweiz, zeigt, welche Risiken real sind und wie man im Ernstfall reagieren sollte.
Welche Giftschlangen gibt es in der Schweiz?
In der Schweiz gibt es genau zwei heimische Arten von Giftschlangen:
- Kreuzotter (Vipera berus)
- Aspisviper (Vipera aspis)
Beide Arten gehören zur Familie der Vipern und sind in erster Linie scheu. Sie greifen nicht an, sondern beißen nur zur Verteidigung – meistens, wenn sie überrascht oder bedrängt werden.
Kreuzotter: Die häufigste Giftschlange der Schweiz
Die Kreuzotter lebt hauptsächlich in nördlichen Regionen des Mittellandes, im Jura und in den Alpen. Sie lässt sich gut an ihrem zickzackförmigen Muster auf dem Rücken erkennen. Ihre Farbe variiert zwischen grau, braun und rötlich. Trotz ihres beängstigenden Aussehens ist sie kein gefährlicher Killer, sondern ein kleines Raubtier, das Mäuse jagt und Menschen meidet.
Ein Biss der Kreuzotter ist zwar unangenehm, aber selten lebensbedrohlich – vor allem, wenn er medizinisch behandelt wird. Trotzdem gilt: Bei einem Biss schnell handeln (mehr dazu weiter unten).
Aspisviper: Südlichere Verbreitung
Die Aspisviper bewohnt vor allem die südlicheren Landesteile, also das Wallis, das Tessin und Teile der Westschweiz. Sie bevorzugt sonnige, steinige Hänge und ist ebenfalls an ihrem typischen, gedrungenen Körper und dem leicht dreieckigen Kopf zu erkennen. Ihr Gift ist minimal stärker als das der Kreuzotter, aber auch hier gilt: Für gesunde Erwachsene ist ein Biss in der Regel nicht lebensbedrohlich, kann aber unangenehm verlaufen.
Wie oft kommt es zu Schlangenbissen?
Die gute Nachricht: Schätzungen zufolge gibt es in der Schweiz jährlich etwa 100 bis 150 Schlangenbisse, von denen nur ein Bruchteil wirklich ernsthafte gesundheitliche Folgen hat. Todesfälle sind extrem selten – in den letzten Jahrzehnten sind keine belegten Todesfälle nach einem Vipernbiss dokumentiert worden.
Gleichwohl kann ein Biss unangenehme Symptome wie Schmerzen, Schwellungen, Übelkeit und Kreislaufprobleme verursachen. Bei Kindern, älteren Menschen oder Personen mit Vorerkrankungen ist die Reaktion auf das Gift oft stärker, weshalb hier besondere Vorsicht geboten ist.
Wo besteht besonders hohe Begegnungsgefahr?
Die Wahrscheinlichkeit, einer Giftschlange zu begegnen, ist natürlich nicht überall gleich. Höhere Risiken bestehen vor allem in folgenden Gebieten:
- An den südexponierten Hängen im Wallis und Tessin
- In alpinen Regionen unterhalb der Baumgrenze, mit viel Geröll und Büschen
- In trockenen Geröllfeldern, Hecken und Waldrändern
Typisch für Schlangen ist, dass sie Wärme lieben – sonnige Frühjahrs- und Sommertage sind bei ihnen „Ausgehzeiten“. Früh morgens und am späten Nachmittag sind sie besonders aktiv.
Wie schaut man Schlangenbegegnungen am besten aus dem Weg?
Die wichtigste Regel: Achtsamkeit statt Panik. Ein paar einfache Verhaltensweisen helfen, Begegnungen zu vermeiden:
- Beim Wandern nicht querfeldein durchs hohe Gras laufen.
- Gute Wanderschuhe tragen – idealerweise hochgeschlossen.
- Mit dem Stock auf den Boden klopfen – Schlangen spüren die Vibration und ziehen sich meist zurück.
- Kinder frühzeitig über das richtige Verhalten informieren.
- Tiere wie Hunde an der Leine führen, v. a. in potentiellen Lebensräumen.
Ein Erlebnisbericht eines Kollegen eines Forstbetriebs im Wallis zeigt, wie relevant diese Tipps sind: „Ich hatte bereits mehrfach Sichtungen von Kreuzottern, aber nie eine bedrohliche Situation. Einmal hat mein Hund interessiert in ein Gebüsch geschnüffelt – zum Glück an der Leine. Drei Meter weiter lag eine Kreuzotter in der Sonne.“
Erste Hilfe bei einem Schlangenbiss – was tun?
Der Moment einer Schlangenbissverletzung ist immer mit Schreck und Unsicherheit verbunden – genau deshalb ist es so wichtig, vorbereitet zu sein. Hier ein klarer Handlungsplan:
- Ruhe bewahren – Panik erhöht den Puls, der das Gift schneller im Körper verteilt.
- Gebissene Körperstelle ruhig halten – keine Bewegung.
- Betroffene Person hinsetzen bzw. hinlegen – betroffener Körperteil tiefer als das Herz lagern.
- Kein Absaugen, Aufschneiden oder Abbinden – das verschlimmert die Situation.
- Schmuck oder enge Kleidung entfernen, um Kompression zu verhindern.
- Sofort den Notruf wählen: 144
- Wenn möglich, Foto der Schlange machen, aber nur, wenn es absolut sicher ist.
Ein Unternehmen mit regelmässigem Einsatz in Gefahrengebieten (z. B. Uferbau oder Strommasten in alpinen Regionen) sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, die Mitarbeitenden zu schulen oder Erste-Hilfe-Kits inkl. Schlangenset bereitzustellen.
Was Arbeitgeber tun können
Was hat das Thema mit HR zu tun? Mehr, als man denkt. Arbeitssicherheit ist ein zentraler Bestandteil von Personalverantwortung – das gilt besonders in Aussenberufen, aber auch für interne Aktivitäten wie Teamevents oder Retreats.
Konkrete Ansätze für Arbeitgeber:
- Gefahrenhinweise in Sicherheitsunterweisungen integrieren
- Erste-Hilfe-Schulungen mit Fokus auf Naturgefahren anbieten
- Informationsmaterial bereitstellen (z. B. Bilder zur Erkennung von Kreuzotter und Aspisviper)
- Checklisten für Events in der Natur entwickeln
- Ansprechperson definieren, die sich mit dem Thema auskennt und im Zweifel reagieren kann
Das ist kein Fall von „Overengineering“, sondern ein pragmatischer Beitrag zur Sicherheit – und zur Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitenden. Es zeigt auch, dass ein Unternehmen Verantwortung übernimmt.
Mythen und Irrtümer rund um Giftschlangen
Wie so oft in der Natur gilt: Wissen schützt. Daher ein paar kurze Klarstellungen:
- „Alle Schlangen in der Schweiz sind gefährlich“ – Falsch. Die meisten Arten wie Ringelnatter oder Schlingnatter sind vollkommen harmlos.
- „Ein Biss ist immer tödlich“ – Falsch. In der Schweiz sind keine Todesfälle in den letzten Jahrzehnten dokumentiert.
- „Man muss das Gift absaugen“ – Falsch. Das ist veraltet und sogar gefährlich.
- „Schlangen jagen Menschen“ – Falsch. Schlangen ziehen sich bei Vibrationen oder Geräuschen fast immer zurück.
Fazit: Wachsamkeit statt Angst
Giftschlangen gehören zur Schweizer Natur – ebenso wie Steinböcke oder Murmeltiere. Und wie bei jedem Naturkontakt gilt: Wer informiert ist, reagiert besonnen. Für HR bedeutet das, Verantwortung über den Bürostuhl hinaus zu übernehmen. Wer Mitarbeitende und Teams ins Gelände schickt, sollte mehr als nur Lunchpakete mitgeben: Aufklärung, Vorbereitung und pragmatische Schutzmassnahmen gehören mit ins Gepäck.
So wird nicht nur die körperliche Sicherheit erhöht, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeitenden gestärkt – ein echter Pluspunkt für jedes Employer Branding.